LESEWert – Von der wunderbaren Erfahrung, die Enkelkinder fürs Lesen zu begeistern

welt der bücher

Unsere geschätzte Lektorin Monika Sattrasai ist (auch) Oma. Keine Back-Oma, keine Tobe-Oma, sondern Lese-Oma. Sie gestaltet die Beziehung mit ihren Enkelchen am liebsten spielerisch rund um Wörter, Reime, Bilderbücher. Im Vordergrund steht der Spaß an der Freud. „Leselust wird dann zum Selbstläufer. Der Funke ist sofort übergesprungen“, schwärmt Oma Moni und ist sehr glücklich, dass sie ihre Enkelkinder auf diesem Weg stärken, zusätzliche Pfade legen und prägen darf.

Was für ein Glück, dass ich als „Oma Moni“ im gleichen Ort lebe wie meine Enkel: ­Leandro (5), Luana (4), Levio (3) und Lian (2). Wir sind kulturell bunt gemischt: Söhne halb thailändisch, Schwiegertöchter griechisch, italienisch und tschechisch. Das gibt schon mal rein kulinarisch eine megatolle Grundlage. Wunderbar! Wobei: Backen und Kochen (inkl. Krümel aufsaugen), ganz dolle Großfamilienfeiern ausrichten, Toben, Radfahren, Schwimmen, Klettern, Abenteuern und sich auf Spielplätzen herumtreiben … das wuppen meine zwei um Jahre jüngeren Co-Omis und der lustig-verwegene Opa sowie die Papas und Mamas viel besser. Ich selbst hab nur laut „Hier!“ geschrien, als die Lust auf Sprache und Wörter und Bilder und Bücher und Quasseln und Singen und Dichten und Reimen vergeben wurde. Bei einer Quasselstrippe wie mir stehen Reime hoch im Kurs, aber Achtung! Die dürfen nicht bemüht oder holprig klingen. Unser unschlagbarer Hit ist bisher: „Hunger! Käpt’n Piet hat Appetit“ von Andres Német/Hans-Christian Schmidt (Beltz & Gelberg): ein Gesamtkunstwerk aus Text und Bild, unglaublich lustig, lebendig, schmackig, lustmachig auf Lesen/Zuhören, Bilder gucken, Nachplappern, Fabulieren, Fantasieren!

Monika Sattrasai

Jahrgang 1952, M.A. Germanistik/Romanistik, seit 1980 Lektorin, schrieb u. a. Comics („Spannende Abenteuer in der Weltgeschichte“) und vieles mehr, arbeitet freiberuflich z. B. für den truderinger und das Eselsohr – Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendmedien (eselsohr-leseabenteuer.de).

Wenn „Oma Moni“ bei den Enkelkindern anrückt, hat sie meist ein Buch (oder zwei … oder drei …) im Rucksack. Das dürfen die Enkelchen selber herausnehmen. „Buch!“ jauchzte Levio, das war, ich schwör’s, sein zweites Wort gleich hinter „Mama“ und noch vor „Papa“ und sogar vor „Auto“ und „Ball“. Seine Liebe zum Buch entbrannte erstmals dank „Hör mal rein, was kann das sein? – Bauernhof­tiere streicheln und hören“ (ars Edition); die Muuuh-Kuh hat ihm am allerbesten gefallen und war immer der Höhepunkt nach gespanntem Blättern … und Blättern … und Weiterblättern (das, übrigens, ist eine schwierige hohe Kunst für Kinderhändchen, das will gelernt sein mit viiiiel Geduld seitens der Erwachsenen; auch Bücher mit Klappen sind eine Herausforderung, den Enkelchen macht es nämlich nix, wenn hier und da was rausreißt oder abbricht).

Fühlen, Streicheln, Ziehen, Klappen, Hören, Jauchzen, Schauen: Buch ist Leben von seiner satt-fetzig-allerschönsten Seite! Früh entbrannte auch bei Lian die Bücherliebe, die größte Freude in allen Lebenslagen war monatelang sein Stoffbuch: Das knistert und knastert und lässt sich drücken und blättern und knautschen und knutschen und lutschen. Heute (mit knapp zwei) macht er keinen Unterschied zwischen Bilderbuch, „Mädchen“- oder Sachbuch: Hauptsache, es gibt was Spannendes zu entdecken, das darf auch rosa/lila sein oder Glitzer haben. Stichwort Glitzer, ich geb’s zu: Der vierjährigen Luana bringe ich auch schon mal „Mädchen“-Bücher mit, mit denen sie sich spielender- oder malenderweise selbst beschäftigt. Aber sie lässt auch ihr Brüderchen mitmachen und manchmal „liest“ sie ihm aus Bilderbüchern vor, die sie bereits gut kennt … und so kommt es, dass in „Und trotzdem hab ich dich immer lieb“ von Heidemarie Brosche (mvg) Mama Biber „puuuupst, sie puuuuupst“, und beide Kinder lachen sich schlapp.

Dieses Bilderbuch gehört zu den neueren Werken, die sich auf liebevolle Weise in Text und Bild ernsten Themen annehmen, die Kinderseelen berühren und die Trost und Zuversicht spenden. „Füchslein in der Kiste“ von Antje Damm ­(Moritz) – da geht es ums Sterben, wir lasen es rechtzeitig, bevor unsere geliebte Hündin Sheila aus Altersgründen starb – oder „Arthur und der Elefant ohne Erinnerung“ von Maria Gíron (Jumbo) – da geht es um Demenz (man weiß ja nie, was im eigenen Großeltern-Leben noch kommt …) wollen natürlich von Erwachsenen vorgelesen werden, denn hier gibt es viel Gesprächs-, Zeit- und Kuschelbedarf. Bei Kinder-Sachbüchern dagegen liegt man mit den Enkeln auch schon mal auf dem Boden und muss tausend und abertausend Fragen beantworten. Lean­dro (5) begeistert sich dank „Leonardo da Vinci“ von Isabel Thomas aus der „Kleinen Bibliothek großer Persönlichkeiten“ (Laurence King) gerade für das Genie und hat beschlossen, jetzt doch nicht Bauarbeiter oder Feuerwehrmann zu werden, sondern Erfinder. Zu Weihnachten wünscht er sich das „XXL-Entdecker-Set Geniale Maschinen“ (EMF). Da gibt es zum Buch nämlich auch noch Zahnräder und sonstige Teile aus Pappe, mit denen zehn 3-D-Modelle gebastelt werden. Ich geb’s zu: Das Buch hab ich schon, aber basteln sollen dann Mama und Papa mit ihrem Söhnchen. Und Backen und Toben übernehmen bitte, bitte meine Co-Omis.

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